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Energiegenossenschaft Weißkeißel mit Rekordbeteiligung

In Weißkeißel haben Bürger eine Genossenschaft gegründet. Ziel ist, günstig Strom produzieren und verbrauchen zu können.

Von Sabine Larbig
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Es gibt  bereits Gesprächstermine für potenzielle Investoren, die in Weißkeißel Photovoltaikanlagen errichten und die Genossenschaft mit ins Boot nehmen wollen, sagt der Bürgermeister.
Es gibt bereits Gesprächstermine für potenzielle Investoren, die in Weißkeißel Photovoltaikanlagen errichten und die Genossenschaft mit ins Boot nehmen wollen, sagt der Bürgermeister. © Eric Weser

Die Idee, Sonne, Wind oder Wasser zu nutzen, um kostengünstig Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien zu erzeugen, ist keine Erfindung der Neuzeit. Schon frühere Generationen nutzten Wind oder Wasser zur Betreibung von Korn- und Ölmühlen, wurde Strom mit Hilfe von Wasserkraftwerken an heimischen Flüssen erzeugt. Wie an der Neiße in Bad Muskau.

Nun, nachdem Preise für Strom und Wärme exorbitant stiegen und Klimaschutz ein Gebot der Stunde ist, nimmt die Nutzung solcher erneuerbarer Energien einen besonders hohen Stellenwert ein, boomt die Branche der Hersteller entsprechender technischer Anlagen. Immer öfter sind jedoch nicht Unternehmen oder Kommunen die Bauherren, Betreiber und Nutzer, sondern die Bürger selbst. Sie gründen Energiegenossenschaften.

Genossenschaften liegen im Trend

In unserer Region ist die Gemeinde Rietschen ein Vorreiter in diesem Bereich. Schon seit 2009 gibt es dort die BürgerEnergieRietschen GbR, die eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Kulturhauses Fema und zwei Jahre später auf dem Dach der Sporthalle in Betrieb nahm, um die Gebäude mit Strom zu versorgen. Im Ortsteil Daubitz gibt es seit 2011 zudem die Genossenschaft „Dorfheizung“ mit 50 Abnehmern, darunter öffentliche Einrichtungen wie Kita und Feuerwehrgerätehaus, die Abwärme aus dem Biomasse-Blockheizkraftwerk der örtlichen Agrargenossenschaft nutzen. Hinzu kommen soll nun noch eine (Bürger)Energiegenossenschaft. Öffentlich informiert werden die Einwohner über das Vorhaben am 20. April, um 16 Uhr, bei einer Veranstaltung in der Gemeindeverwaltung, für die sich Interessenten jedoch anmelden müssen.

Und auch in Boxberg wurde Ende 2022 bereits eine Energiegenossenschaft „Perspektive Boxberg“ mit 27 Mitgliedern gegründet. Aktiv geworden sind außerdem die Einwohner von Kodersdorf, die seit vorigen Sommer eine Energiegenossenschaft haben. Ihr Ziel ist es, künftig preiswert Strom und Abwärme von Bauhof und Firmen, die im Industriegebiet ansässig sind und Biogasanlagen oder holzbasierte Heizkraftwerke betreiben, zu bekommen. Zudem stellt die Gemeinde die Dachflächen der Oberschule für eine Photovoltaikanlage der Genossenschaft zur Verfügung und prüft, wo weitere Flächen nutzbar sind, damit die Einwohner profitieren.

Selbst in Weißkeißel gibt es jetzt eine Energiegenossenschaft. Es ist in der Region die Jüngste, aber die bislang Mitgliederstärkste. Bereits bei der öffentlichen Vorstellung des Vorhabens im Januar waren rund 200 Einwohner ins Dorfgemeinschaftshaus gekommen, um zu erfahren, was eine Energiegenossenschaft ist, wie sie arbeitet, wer Mitglied werden kann und zu welchen Konditionen und welche Vorteile sie dem Einzelnen bringt. nach den Ausführungen von Experte Helmut Perk, Vorstandsvorsitzender der Energiegenossenschaften Kodersdorf und Boxberg, hatten sich spontan die Hälfte der Teilnehmer als an einer Mitgliedschaft interessiert gezeigt. Inzwischen ist die Energiegenossenschaft Weißkeißel auf dem Weg, erfolgte die Gründungsveranstaltung am 29. März.

„Es waren sage und schreibe über 120 Gründungsmitglieder, die sich in die Urkunde einschreiben“, erklärte Bürgermeister Andreas Lysk kürzlich im Gemeinderat. Er sei „persönlich sehr geflasht“ gewesen von dem Zuspruch und auch davon, dass sich mehr Bürger zur Mitarbeit in Vorstand und Aufsichtsrat bereit erklärt hätten, als nötig gewesen seien. Laut Lysk habe die Energiegenossenschaft den Namen „Neue Energie Weißkeißel eG., deren Satzung ebenfalls bei der Gründungsveranstaltung beschlossen worden sei. Gewählt worden sei zudem der Aufsichtsrat, der den Vorstand bestellte.

Genossenschaft für Mitglieder offen

„Zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates wurde Werner Luft gewählt, zum Vorstandsvorsitzenden Mathias Hefter“, informierte der Bürgermeister. Insgesamt habe der Aufsichtsrat vier und der Vorstand fünf Mitglieder. In den Gremien seien auch drei Frauen. „Generell haben die Gremien, aus meiner Sicht, eine gute Mischung. Ihnen gehören EDV-Fachleute, Finanzer und Wirtschaftler an. Nun kann die Arbeit aufgenommen werden und in den kommenden Wochen gibt es bereits Gesprächstermine für potenzielle Investoren, die in Weißkeißel Photovoltaikanlagen errichten und die Genossenschaft mit ins Boot nehmen wollen“, führte der Bürgermeister aus. Zudem plane die Genossenschaft eigene Anlagen für günstigen Strom der Mitglieder. Da die Gemeinde nicht zu den Gründungsmitgliedern zählte, so der Ortschef weiter, werde man sich im Gemeinderat im April über eine Mitgliedschaft unterhalten und gegebenenfalls einen Beschluss im Mai fassen.

Geklärt ist, dass die Mindesteinlage für einen Pflichtanteil, wobei weitere Anteile gezeichnet werden können, in Weißkeißel 50 Euro beträgt und die Genossenschaft ihren Sitz in der Straße der Jugend 2 am Gemeindeamt Weißkeißel haben und dort ein Büro einrichten wird. „Ein beschrifteter Briefkasten ist bereits montiert. Eine Internetseite soll bald verfügbar sein“, informierte Andreas Lysk. Da die Satzung ermögliche, dass man der Energiegenossenschaft Weißkeißel auch beitreten kann, ohne den Wohnsitz im Ort oder einem Ortsteil zu haben, wird auf weitere Interessenten aus Umlandgemeinden gehofft. Ein Gründungsmitglied sei, laut Bürgermeister, bereits aus Niesky dabei. Zudem werde das Projekt in Krauschwitz vorgestellt.

Beteiligungserklärungen sind im Gemeindeamt je Donnerstagnachmittag, ab 14 Uhr, zur Sprechzeit erhältlich, Informationen und Formulare gibt es ebenso per unter [email protected].